Anonymisierte Bewerbungsverfahren im Bezirksamt Treptow-Köpenick

Am 25. Januar 2018 wurde unser Antrag „Anonymisierte Bewerbungsverfahren durchführen“ (VIII/0290) auf der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung mit den Stimmen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der LINKEN beschlossen. Um zu dokumentieren, warum wir uns für diese Form von Bewerbungen im Bezirksamt Treptow-Köpenick einsetzen, hier die Rede unseres Bezirksverordneten Benjamin Hanke in der o.g. Sitzung im Wortlaut:

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,

Chancengleichheit, Antidiskriminierung und Fachkräftegewinnung sind nur einige Vorteile, die das Bezirksamt aus der Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren ziehen wird. Wir möchten unterstützen, dass sich die gesellschaftliche Vielfalt zunehmend auch in der Bezirksverwaltung widerspiegelt.

Seien wir ehrlich: Wir alle haben manchmal Vorurteile gegenüber Menschen. Das muss nicht böse gemeint sein, ist durchaus unterschwellig, wie Studien zeigen. Sei es, weil wir mit Fotos von Menschen direkt etwas verbinden, sei es, weil ein Name uns an Menschen erinnert, die wir kennen und mit denen wir etwas Negatives oder Positives verbinden.

Bewerber haben also ganz unabhängig von ihrer Herkunft oder ihres Alters oder ihres Aussehens bei denen, die ihre Qualitäten bewerten sollen, mit Vorurteilen zu kämpfen, wenn Sie etwa ihren Namen angeben oder ein Bewerbungsfoto mitschicken müssen. Dem kann durch die Maßnahme, die wir mit unserem Antrag vorgeschlagen haben, zumindest im ersten Schritt der Bewerberauswahl entgegengewirkt werden.

Der erste Eindruck bei der Durchsicht der Bewerbungen sollte möglichst objektiv und vorurteilsfrei sein – das ist das Ziel anonymisierter Bewerbungsverfahren. Damit die Leistung und Eignung eines Bewerbers im Mittelpunkt stehen und nicht das Aussehen, das Geschlecht, der Familienstand, die Religion, der Name.

In verschiedenen Studien und Projekten konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass anonymisierte Bewerbungsverfahren ein wichtiger und richtiger Schritt in Richtung eines diskriminierungsfreien Bewerbungsverfahrens sind. Hierdurch ergeben sich Potenziale für unseren Bezirk! Nicht nur, weil wir für uns selbst deutlich machen, dass uns die Gleichbehandlung aller Menschen, die Vielfalt im Bezirk und deren Abbildung in unserer Verwaltung enorm wichtig sind, sondern auch, weil wir dadurch allen, wirklich allen, Bewerberinnen und Bewerbern zeigen, dass wir uns auf ihre Bewerbungen freuen und sie einladen, sich hier bei uns zu bewerben. Bestimmt haben auch Sie die Schilderungen der Stadträte im Ohr, die immer wieder beklagen, dass es in letzter Zeit kaum qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gibt und Stellen lange unbesetzt bleiben – hier ist das Potenzial des bezirklichen Bewerberinnen- und Bewerbermanagements also sicher noch nicht ausgeschöpft.

Das Bezirksamt selbst äußerte in seiner Antwort auf meine Kleine (schriftliche) Anfrage VIII/0287 Folgendes: „Gerade in Zeiten eines Fachkräftemangels ist es für öffentliche Arbeitgebende wichtig, über anonymisierte Bewerbungsverfahren ein gut sichtbares und vertrauensbildendes Signal für mehr Chancengleichheit zu setzen und damit auch zusätzliche Bewerber/innenpotenziale anzusprechen.“

Auch wenn anonymisierte Bewerbungsverfahren kein Allheilmittel für eine rein objektive Bewertung sind, stellt dieses Pilotprojekt, wie im Antrag formuliert, eine Möglichkeit dar, die im Senat und anderswo bereits äußerst erfolgreich getesteten Verfahren nun auch in Treptow-Köpenick auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln.

Wir bitten aus den genannten Gründen um Unterstützung der positiven Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt, Personal, Verwaltung und Immobilien.

Vielen Dank.

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